Weihnachten in Liebenau St.Paul

An Weihnachten wird Gott Mensch. Was das bedeutet, können wir oft nicht ermessen. Und ein Aspekt gerät manchmal auch in Vergessenheit. Wenn Gott Mensch wird, dann wird die Liebe menschlich, denn Gott ist die Liebe. Gott und die Liebe sind eins. In einem so umfassenden Sinn, dass wir ihn – so glaube ich – als Menschen gar nicht ganz erfassen können.
Wenn Gott Mensch und dadurch die Liebe menschlich wird, dann wird jeder Mensch, der liebt, auch ein wenig göttlich. So sehr liebt Gott den Menschen, dass er selbst Mensch wird; und so groß denkt Gott vom Menschen, dass er selbst Mensch werden möchte. Er wird Mensch, damit wir selbst menschlicher werden können. Er schenkt uns in seinem Sohn seine Liebe, weil er fest daran glaubt, dass auch der Mensch lieben kann.
Dass der Mensch lieben kann – ist das nicht eine Selbstverständlichkeit, erfahren wir nicht immer wieder, dass wir lieben können und geliebt werden? Nichts wird so häufig besungen oder beschrieben, von nichts so viel geredet wie von der Liebe, manchmal wirkt sie fast schon banal. Doch die Liebe ist niemals banal, sie ist das Besondere, das Licht in der Dunkelheit. Dass wir Menschen lieben können, ist ein ganz besonderes Geschenk Gottes an uns. Gott hält nichts von sich zurück, er lässt uns Menschen Anteil haben an seinem Wesen, an der Liebe. Weihnachten wird Gott Mensch – und dadurch der Mensch ein wenig göttlich. Gott kommt auf die Erde zu uns Menschen, damit wir schon ein wenig in den Himmel zu ihm kommen können. Ist das nicht himmlisch?
Dass Gott die Liebe ist, erkennen wir nicht nur an Weihnachten, nicht nur durch seine Menschwerdung. Im Gegenteil: So groß und zentral das Weihnachtsfest in den letzten Jahrhunderten auch geworden ist, Weihnachten ist erst der Anfang. Ohne Jesu Leiden am Kreuz und ohne seine Auferstehung an Ostern, verpassen wir – salopp gesagt – die Pointe: Gott wird Mensch, um durch sein Leiden und Sterben in Jesus Christus und durch seine Auferstehung am Ostermorgen uns zu erlösen und uns zu retten. Das Licht der Weihnacht ist geliehen vom Licht des Ostermorgens. Die Liebesgeschichte, die an Weihnachten beginnt, kennt kein Happy End, sie geht weiter, bis heute und über das Heute hinaus, damit wir alle ewig in Gottes Liebe geborgen sind.
Michael Tillmann